Seit Mai 2021 können Radfahrende auf 3,6 Kilometern Länge auf einem provisorischen Radweg entlang der Bundesstraße 37 zwischen Heidelberg-Schlierbach (S-Bahnhof) und Ortseingang Neckargemünd geschützt auf der Neckarseite in beide Richtungen radeln. Eine von vier Spuren für den Kraftfahrzeugverkehr ist dadurch entfallen. Der Verkehrsversuch scheint geglückt: Die erste Bilanz zeigt, dass auf der Strecke jetzt viel mehr Radfahrende unterwegs sind – und der motorisierte Verkehr nicht wesentlich auf andere Strecken ausweicht. Letzteres könnte allerdings auch am pandemiebedingten Rückgang des Autoverkehrs liegen.

Der Verkehrsversuch wird bis Frühsommer 2023 fortgesetzt. Für den gegenläufigen Radweg auf Neckarseite hatte die Stadt Bushaltestellen umbauen, Markierungen, Schutzeinrichtungen und Beschilderungen herstellen sowie Lichtsignalanlagen anpassen lassen. Die Kosten für die Maßnahme von insgesamt rund 920.000 Euro werden zwischen Bund, Land und der Stadt Heidelberg aufgeteilt.

Der Radweg ist als Verkehrsversuch für zunächst zwei Jahre vorgesehen. Hintergrund ist, dass es nach derzeit gültigem Recht nicht möglich ist, eine Fahrspur auf einer Bundesstraße in einen Radweg umzuwandeln. Dies kann nur über einen Verkehrsversuch legitimiert werden. Die Hochschule Karlsruhe begleitet das beispielhafte Verkehrsprojekt wissenschaftlich. Mit dem Projekt will die Stadt Heidelberg aus Klimaschutzgründen den Radverkehr weiter fördern und den Autoverkehr und damit CO2-Emissionen langfristig reduzieren. Über die Zwischenbilanz wurden die Mitglieder des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität am 16. Februar 2022 informiert – der Gemeinderat erhält die Infos am 17. März 2022.

Die wichtigsten Ergebnisse

Die Hochschule Karlsruhe arbeitet mit Verkehrszählungen, Kennzeichenverfolgung, Vorher-Nachher-Untersuchungen durch Seitenradargeräte (in 2019 und 2021) und Befragungen unterschiedlicher Gruppen von Verkehrsteilnehmenden. Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Messbarer Rückgang: Insgesamt ist der Kraftfahrzeugverkehr im Durchschnitt um 17 Prozent zurückgegangen. Dieser Rückgang wird aber auf die generell reduzierte Mobilität aufgrund der Corona-Einschränkungen zurückgeführt.
  • Kaum wahrnehmbare Verlagerungen: Der Durchgangsverkehr auf der B 37 ist sowohl morgens als auch abends zurückgegangen. Dem stehen Verlagerungen zwischen 23 und 122 Fahrzeugen auf den Ausweichrouten L 534 und L 600 entgegen. Gemessen am gesamten Fahrzeugaufkommen sind diese Verlagerungen jedoch kaum wahrnehmbar und gegenüber den Einflüssen der Pandemie deutlich geringer.
  • Mehr Radverkehr: Im Vergleich zu 2019 hat sich in 2021 die Anzahl der Radfahrenden seit der Eröffnung des Versuchs vervielfacht. Während 2019 insgesamt 90 Radfahrende in beide Richtungen gezählt wurden, waren es im August 2021 im Mittel rund 300 Radfahrende. Die Fortsetzung der Erfassung ist ab März 2022 vorgesehen.
  • Stimmungsbild Betroffener: An einer Online-Umfrage im Oktober 2021 haben sich 41 von 79 Angeschriebenen (Anlieger, Fahrradfahrende, Pendelnde, Umland und Verwaltung) beteiligt. Die Befragung drehte sich um die Themen Umwelt, Wirtschaft, Gesellschaft und Partizipation. Radfahrende bewerten den Verkehrsversuch am positivsten. Die Anlieger als vergleichbar große Gruppe bewerten den Verkehrsversuch verhaltener positiv mit Antworten, die in der Regel nicht unter den Wert „hat keine Auswirkung“ liegen.

Verkehrssicherheit vorher gering

Im bisherigen Zustand gab es entlang der mit einer Geschwindigkeit von stellenweise bis zu 100 Stundenkilometern befahrbaren, freien Strecke der B 37 lediglich sogenannte Mehrzweckstreifen am Fahrbahnrand in beide Richtungen. Diese weniger als einen Meter breiten Streifen waren lediglich durch einen weißen Markierungsstreifen vom Autoverkehr optisch abgesetzt. Die Stadt Heidelberg und das Regierungspräsidium Karlsruhe stuften die Verkehrssicherheit in diesem Zustand als gering ein. In Absprache mit dem Bund und dem Land Baden-Württemberg wurde deshalb der auf zwei Jahre angelegte Verkehrsversuch gestartet.

 

(Quelle: Stadt Heidelberg)