Ein Forscherteam der Kooperationseinheit Klinische Pharmazie am Universitätsklinikum Heidelberg hat die Packungsbeilagen von allen auf dem deutschen Markt verfügbaren Wirkstoffpflastern (81 unterschiedliche Packungsbeilagen im Jahr 2016) untersucht. In jeder Packungsbeilage fehlten wichtige Anwendungshinweise. Dies könnte die fehlerfreie Anwendung der Arzneimittel gefährden – auch wenn die formellen Vorgaben der Europäischen Zulassungsbehörde bei allen Packungsbeilagen erfüllt waren. Die Arbeit ist jetzt in der Fachzeitschrift DMW „Deutsche Medizinische Wochenschrift“ veröffentlicht.
Basis der aktuellen Untersuchung war eine vorangegangene wissenschaftliche Literaturstudie der Heidelberger Forscher. Dabei wurden Anwendungsschritte beim Gebrauch der Medikamentenpflaster identifiziert, die fehleranfällig waren und bei falscher Ausführung tatsächlich mit einer Nebenwirkung oder Therapieversagen in Zusammenhang stehen. Auf diese 28 Anwendungshinweise hin wurden in der aktuell veröffentlichten Studie die Packungsbeilagen untersucht. Keine Packungsbeilage enthielt alle 28 Hinweise.
Rund drei Millionen Verordnungen pro Jahr in Deutschland
In Deutschland werden jedes Jahr etwa drei Millionen sogenannte transdermale therapeutische Systeme (TTS) verordnet, z.B. in der Hormonersatztherapie, zur Schmerzbehandlung oder zur Raucherentwöhnung. Die in den Pflastern enthaltenen Wirkstoffe werden direkt über die Haut ins Blut abgegeben. Für Patienten, die ihre Arzneimittel gar nicht oder nicht regelmäßig einnehmen können – etwa aufgrund von Schluckbeschwerden oder wegen einer Demenz –, sind die Pflaster eine gute Alternative. Doch falsch angewendet können auch diese Präparate die Patientensicherheit gefährden. Umso wichtiger ist es daher, dass in den Packungsbeilagen, die für den Patienten einfach zugänglich sind, alle aus der Praxis relevanten Informationen für eine sichere Anwendung bis hin zur korrekten Entsorgung dargestellt sind. „Fehlen diese, so hat der Patient möglicherweise nicht alle Informationen für eine sichere und korrekte Anwendung zur Hand“, sagt Privatdozentin Dr. sc. hum. Hanna Seidling, Leiterin der Kooperationseinheit Klinische Pharmazie.
Wie werden die Pflaster korrekt aufgebracht? Und wie entsorgt?
So muss die Haut unverletzt und frei von Haaren sein, damit die Pflaster gut haften und eine gleichmäßige Wirkstoffaufnahme über die Haut möglich ist. Der Patient sollte sie mit Wasser, aber ohne Seife, reinigen und das Pflaster dann mit leichtem Druck aufkleben. Medikamentenpflaster dürfen nicht zerschnitten werden, da ansonsten die gleichmäßige Wirkstofffreigabe gestört werden kann. Zudem haften sie dann schlechter auf der Haut. In den meisten Fällen sollte nicht mehr als ein Pflaster gleichzeitig aufgebracht werden. Nach der Entfernung sei darauf zu achten, dass die TTS mit den Klebeseiten nach innen gefaltet und in einem geschlossenen Behälter entsorgt werden. Danach sollten sich die Patienten die Hände waschen. Die benutzten Pflaster dürften nicht in falsche Hände, etwa von Kindern, geraten, da selbst nach einer mehrtägigen Applikation noch erhebliche Wirkstoffmengen in den Pflastern vorhanden sind.
„Wir fordern Ärzte und Apotheker auf, die Patienten genau über die Risiken einer falschen Anwendung zu informieren und bei der Beratung ein besonderes Augenmerk auf die Aspekte zu legen, die in den Packungsbeilagen noch nicht standardisiert enthalten sind“, sagt Prof. Dr. Walter E. Haefeli, Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie. „Wir haben zur Unterstützung der Beratung Informationsbroschüren für TTS und auch andere Darreichungsformen entwickelt, die von unserer Homepage abrufbar sind“, ergänzt Seidling. Langfristig seien jedoch bessere Standards und behördliche Vorgaben für die Packungsbeilagen insbesondere im Hinblick auf eine sicherere Anwendung dieser fehleranfälligen Darreichungsform erforderlich.
Zur Informationsbroschüre TTS:
www.klinikum.uni-heidelberg.de/fileadmin/medizinische_klinik/Abteilung_6/Downloads/TTS_Homepage_CI.pdf