Die ab 1. April 2023 erneut geltende saisonale Ausgangsperre für Katzen, die von der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Rhein-Neckar-Kreis vor einem Jahr in der Stadt Walldorf verordnet wurde, sorgt weiterhin für Empörung. Der Deutsche Tierschutzbund e.V. hat in einem Schreiben, unter anderem an das Umweltministerium des Landes Baden-Württemberg sowie das Regierungspräsidium Karlsruhe, erneut gegen die Entscheidung protestiert.

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Katzen ihren gewohnten Freigang zu nehmen, löst bei den Tieren extremen Stress aus und kann zu aggressivem oder depressivem Verhalten führen. Foto: Deutscher Tierschutzbund e.V.

„Die Verfügung ist irrwitzig, kurzsichtig und löst das eigentliche Problem nicht. Nachdem der heimischen Haubenlerchenpopulation so lange Lebensraum und Nahrung genommen wurde, bis in Walldorf gerade mal zwei Brutpaare übrigblieben, müssen nun Katzen das Versagen des Menschen ausbaden. Bei den betroffenen Tieren als auch bei den Haltern führt die Ausgangssperre zu unzumutbaren Belastungen und immensem Stress. Wer Katzenschutz missachtet, der ist kein Tierschützer, ich behaupte nicht einmal Artenschützer“, kritisiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Auch vom Bürgermeister hätten wir uns da eine deutlichere Positionierung gewünscht. Wir unterstützen den örtlichen Tierschutzverein im Kampf gegen die Verfügung. Die Verfügung muss zurückgezogen werden.“

Tierschutzbund: „Allgemeinverfügung ohne fachliche Grundlage“

„Die behördliche Entscheidung war in 2022 sehr plötzlich und ohne hinreichende vorherige Bürgerbeteiligung getroffen worden. Zudem wurden weder in die Ausarbeitung noch in eine Prüfung der Verfügung sachkundige Fachleute aus dem Bereich Tierschutz involviert – wie etwa die Landestierschutzbeauftragte, Tierschutzorganisationen oder auf Verhalten spezialisierte Tierärzte. Überdies kann sich die Verfügung auf keinerlei belastbare Daten zu Todeszahlen von kleinen Säugetieren und Vögeln für Baden-Württemberg, Deutschland und der EU, die eindeutig auf Katzen zurückzuführen sind, stützen“, teilt der Tierschutzbund mit. „Eine kurze Internetrecherche reicht nicht, um solche tierquälerischen Einschränkungen zu legitimieren“, so Schröder. In der Verfügung genannte Alternativen zum gewohnten Freigang, wie das Ausführen an der Leine, seien keine zumutbare Option.

Tierschutz und Artenschutz nur Hand in Hand

Der Deutsche Tierschutzbund macht darauf aufmerksam, dass der Rückgang von Arten wie der Haubenlerche und vieler anderer Vogelarten erwiesenermaßen in erster Linie auf Naturzerstörung und den Verlust von Lebensräumen und Nahrung zurückzuführen sei, unter anderem durch die Intensivierung der Landwirtschaft, verstärkte Bebauung von Brachflächen, Bodenversiegelung durch Straßenbau sowie das Insektensterben.

„Wer die komplexe Thematik auf einen simplen ‚Vogel gegen Katze‘- oder ‚Arten- gegen Tierschutz‘-Konflikt herunterbricht, duckt sich vor der Verantwortung, die wir Menschen für alle Tiere tragen, spielt zwei immens wichtige Anliegen gegeneinander aus und schadet letztlich beiden“, macht Schröder deutlich. „Das Staatsziel Tierschutz gilt für alle Tiere gleichermaßen. Tiere zweiter Klasse gibt es nicht. Sinnvoller und ernstgemeinter Artenschutz kann deshalb nur mit Tierschutz und dem Mitgefühl mit dem individuellen Tier Hand in Hand gehen.“

 

(Quelle: Deutscher Tierschutzbund e.V.)