„Unser Wald stirbt, die Grundwasserneubildung geht zurück und die Jahresmitteltemperatur steigt an: Wir befinden uns mitten in der Klimakrise. Schon lange geht es nicht mehr allein um die Frage, wie wir den Klimawandel abschwächen können. Vielmehr müssen wir stärker die Anpassung an die Erderhitzung in den Blick nehmen“, sagte die rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken am 21. September 2020 bei der Pressekonferenz zum zehnjährigen Bestehen des rheinland-pfälzischen Kompetenzzentrums für Klimawandelfolgen. Mit dem Kompetenzzentrum habe das Land einen fachkundigen und erfahrenen Berater an seiner Seite, so Höfken weiter und erklärte: „Die damalige Gründung war aus heutiger Sicht wegweisend und vorausschauend zugleich.“

Mit dem Klimawandelinformationssystem liefert das Kompetenzzentrum Kommunen, Unternehmen, Politik und Wissenschaft wichtige Erkenntnisse zu den Folgen der Klimakrise. Auf dessen Datengrundlage entwickelt es regionale Anpassungsstrategien, wie zum Beispiel Hinweise zur Anfälligkeit von landwirtschaftlichen Standorten gegenüber Trockenstress.

„Die Folgen von Starkregen, Hitze und Trockenheit sind in den Regionen und auf der lokalen Ebene direkt spürbar. Das fortlaufend weiter entwickelte Anpassungsportal im Klimawandelinformationssystem Rheinland-Pfalz bietet für Kreise und Kommunen, aber auch für Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger Entscheidungshilfen und Beratung. Neben allgemeinen Informationen und Leitfäden stellen wir eine Vielzahl an guten Beispielen aus der Praxis bereit, wie sich Kommunen etwa durch mehr Grün sowie Wasserrückhalt und -speicherung an den Klimawandel anpassen können. Auch informieren wir über Fördermöglichkeiten“, sagte der Leiter des Kompetenzzentrums, Dr. Ulrich Matthes.

Heißzeit könnte Normalität werden

Das neue Themenheft unter dem Motto „Klimawandel – Entwicklungen in der Zukunft“ zeigt auf, wie sich das Klima bis zum Ende des 21. Jahrhunderts verändern wird. Die dafür notwendigen Auswertungen hat das Kompetenzzentrum gemeinsam mit dem Landesamt für Umwelt durchgeführt und anschließend zwei Szenarien näher betrachtet. „Diese machen deutlich: Die Dramatik des Klimawandels hängt letztendlich von unserer Entscheidung ab, ob wir ‚starken Klimaschutz‘ oder ‚keinen Klimaschutz‘ umsetzen. Wir haben damit unsere Zukunft selbst in der Hand“, führte Höfken an. Verglichen mit dem vorindustriellen Niveau ist die Jahresmitteltemperatur in Rheinland-Pfalz bereits von 8,1 Grad auf heute 9,7 Grad angestiegen. Werden keine weiteren Anstrengungen beim Klimaschutz unternommen, ist bis Ende des Jahrhunderts ein Anstieg von bis zu 4,5 Grad möglich. Damit verbunden wäre eine deutliche Zunahme an Hitzewellen mit Temperaturen mit mehr als 30 Grad. Im Extremfall könnte die heutige Zahl von im Mittel einer Hitzewelle pro Jahr auf fünf Ende des Jahrhunderts anwachsen. „Die Konsequenz: Natur, Wald und Landwirtschaft wären massiv geschädigt, der Aufenthalt im Freien wäre tagsüber nicht mehr möglich, in unseren Wohnungen und Häusern würden flächendeckend teure Klimaanlagen und Kühlung notwendig, die wiederum Energie verbrauchen“, erläuterte die Ministerin.

Welche Auswirkungen der Klimawandel auch auf den Wasserhaushalt hat, verdeutlichen die Messprogramme des Landesamtes für Umwelt (LfU). „Wasser ist kostbar und wird durch den Klimawandel immer kostbarer: Die Grundwasserneubildung, Hauptquelle für unser Trinkwasser, ist in den vergangenen 16 Jahren um etwa 25 Prozent zurückgegangen. Ein niedriger Grundwasserspiegel ist daher auch eine Auswirkung des Klimawandels in Rheinland-Pfalz“, so Sabine Riewenherm, Präsidentin des Landesamtes für Umwelt. „Unter den sommerlichen Hitzeperioden leiden auch unsere Gewässer: So verzeichnen die Messdaten des LfU eine gestiegene Wassertemperatur in den Flüssen, wie dem Rhein“, sagte Riewenherm. Dies bedeutet purer Stress für Gewässerorganismen, wie Muscheln und Fische, da der dringend benötigte Sauerstoffgehalt bei steigenden Temperaturen deutlich abnimmt.

Wir investieren so viel in Klimaschutz wie nie zuvor

„In Rheinland-Pfalz setzen wir alles daran, die schlimmsten Folgen der Klimakrise abzuschwächen. Dafür arbeiten wir mit allen relevanten Schlüsselakteuren im Land zusammen und haben uns mit unserem Klimaschutzgesetz gesetzlich für ein klimaneutrales Rheinland-Pfalz bis 2050 verpflichtet“, sagte Höfken. Rheinland-Pfalz hat es durch die Energiewende geschafft, den Import von Strom von zwei Dritteln auf ein Drittel des Verbrauchs zu reduzieren. „Wir sind dank der Energie aus Wind, Sonne, Biomasse und Wasser zum Stromerzeugungsland geworden. Diesen Erfolg wollen wir weiter ausbauen. Klar ist: Wir müssen schneller werden, die Modernisierung der Energieinfrastruktur beschleunigen und in innovative Projekte wie CO2-neutralen Wasserstoff investieren. Dafür stellen wir so viele Mittel für die Energiewende und den Klimaschutz bereit, wie nie zuvor“, unterstrich Höfken. Beim wirtschaftlichen Wiederaufbau nach der Corona-Krise müsse in die erneuerbare Zukunft investiert und damit die konjunkturelle Entwicklung sichergestellt sowie Wertschöpfung in den Regionen und Arbeitsplätze generiert werden, so die Ministerin weiter. In Zahlen heißt das: „Beim Corona-bedingten zweiten Nachtragshaushalt haben wir uns für 50 Millionen Euro zusätzlich für Klimaschutz und Energiewende eingesetzt. Zudem stocken wir im Jahr 2021 die Mittel für Klimaschutz und den Ausbau der Erneuerbaren Energien um rund elf Millionen auf insgesamt mehr als 29 Millionen Euro auf.“

Das Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen wird als Anlaufstelle und Serviceeinrichtung mehr denn je gebraucht: Es stellt wissenschaftlich fundierte Informationen über den Klimawandel im Land bereit und kommuniziert das Risiko der zunehmenden Erderhitzung. Dabei wachse gerade der Beratungs- und Unterstützungsbedarf in den Kreisen und Kommunen. „Nur mit dem Engagement aller Akteure und zusätzlichen Mitteln kann es uns gelingen, das zukunftssichernde Szenario zur Begrenzung des weltweiten Temperaturanstiegs zu erreichen und so unsere Lebensgrundlagen zu erhalten“, betonte Höfken abschließend.

Hintergrund-Infos:

Das Rheinland-Pfalz Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen wurde am 1. September 2010 gegründet. Es sorgt für Transparenz, Information und Beratung zu den Folgen des Klimawandels und wendet sich an Politik, Wirtschaft und die Öffentlichkeit. Die fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kompetenzzentrums koordinieren und betreiben eigene Forschung, bereiten Daten und Erkenntnisse auf und machen Vorschläge für notwendige Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel. Sie leisten damit einen zentralen Beitrag zur Risiko- bzw. Gefahrenvorsorge.

Das Kompetenzzentrum bietet das Klimawandelinformationssystem (www.kwis-rlp.de) an, welches umfassende Informationen und Daten über den Klimawandel in Rheinland-Pfalz und seine Auswirkungen auf Mensch und Umwelt umfasst. Das integrierte Anpassungsportal gibt Bürgern, Unternehmen und Kommunen Hilfestellung bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels.

Das neue Themenheft „Klimawandel – Entwicklungen in der Zukunft“ ist abrufbar unter:
https://mueef.rlp.de/de/service/publikationen/

 

(Quelle: Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten, Rheinland-Pfalz)