Im gesamten Rheineinzugsgebiet kommt es derzeit zum Trockenfallen von Bächen, Tümpeln und kleineren Flüssen. Eigentlich sind die Lebensgemeinschaften in Fließgewässern auf ein gelegentliches Austrocknen ihres Lebensraumes eingestellt. Die Kleinstlebewesen des Gewässergrunds („Makrozoobenthos“) ziehen sich in das Sand- und Kieslückensystem unter der Bachsohle zurück. Auch wenn der darüber fließende Bach austrocknet, war bisher im unterirdischen Sand- und Kieslückensystem in der Regel noch genügend Wasser vorhanden, um Insektenlarven und kleinen Krebsen das Überleben in einer Dürrephase zu sichern.

Letzte Refugien durch Verschärfung der Klimakrise bedroht

Der Temperaturanstieg infolge der sich rasant verschärfenden Klimakrise bedroht jetzt aber auch diese letzten Rückzugsräume von Tieren. Gewässer trocknen aus und auch im Sand- und Kieslückensystem von Fließgewässern wird das unterirdisch fließende Wasser immer wärmer und kann deshalb immer weniger Sauerstoff lösen. Die Folge: Insektenlarven, Kleinkrebse und andere Fischnährtiere ersticken. Auch Fische können dem Klimawandel nicht ausweichen und sind deshalb ebenfalls oft Opfer austrocknender Bäche.

Wo vielfältige Ansprüche an die Ressource Wasser vorherrschen, z.B. am Kriegbach bei Altlußheim, ist dies besonders markant und bereits seit mehreren Jahren wird gegen das zeitweise Trockenfallen nach Lösungen gesucht. Amphibien sind bedroht, wenn Laichgewässer austrocknen, bevor die Entwicklung der Larven abgeschlossen ist. Neuerdings trocknen auch Naturschutzgebiete wie der Kothlachgraben im Hockenheimer Rheinbogen aus – somit verlieren nun auch schon geschützte Gebiete ihre wichtige Funktion als Rückzugsorte.

Der BUND ist seit langem alarmiert, die Schnelligkeit jedoch, mit der weitere Veränderungen nun eintreten, ist erschreckend und erfordert dringend ein Wassermanagement. Auch das Landratsamt Rhein-Neckar reagierte bereits auf die Veränderungen und erließ mit Pressemeldung vom 1. August 2022 ein Verbot der Wasserentnahme aus Oberflächengewässern.

Gesundheitsamt rät davon ab, im Neckar zu baden

Sowohl für die Lebensgemeinschaften unserer Gewässer als auch für uns Menschen stellt eine weitere Tatsache in Dürrezeiten ein Risiko dar: bei Niedrigwasser erhöhen sich die Konzentrationen von Schadstoffen und potenziellen Krankheitserregern. Laut Pressemeldung des Gesundheitsamtes Rhein-Neckar besteht auch der Neckar bei Niedrigwasserstand „bis zu 37 Prozent aus Klärwasser“. Das Gesundheitsamt rät davon ab, im Neckar zu baden und verweist darauf, auf ausgewiesene Badeseen und Freibäder auszuweichen. Fische und Kleinstlebewesen im Neckar können leider nicht auf andere Gewässer ausweichen und bleiben dem aktuell aufkonzentrierten Cocktail aus Chemikalien und Keimen durchgehend ausgesetzt.

BUND fordert, Akteure an einen Tisch zu bringen

Langsam wird damit ersichtlich, dass die extremen Wetterereignisse der Jahre 2003, 2018 oder 2020 eventuell bereits unser neues „Normal“ darstellen. Um die sich verschärfenden Nutzungskonflikte um die Ressource Wasser in den Griff zu bekommen bedarf es konkreter Analysen und Planungen. Diese müssen dringend angepackt werden, um für die nächste Niedrigwasserperiode gewappnet zu sein. Zum einen muss das Wasserdargebot anhand aktueller Daten ermittelt und gemonitored werden. Zum anderen muss ein Überblick über die Bedarfssituation geschaffen werden – konkrete Entnahmemengen sind in vielen Fällen nicht bekannt.

Außerdem müssen Maßnahmen umgesetzt werden, die auf die lange Bank geschoben wurden, vor allem der Biotopverbund und die Wiederherstellung von strukturreichen Gewässern sowie Ufer- und Auenbereichen. Letztlich muss aber auch das Bewusstsein in der Bevölkerung geweckt werden, dass Wasser nicht mehr als unendliche Ressource zur Verfügung steht, sondern sparsam damit umgegangen werden muss. Eine Niedrigwasserstrategie für die Region sollte erarbeitet werden, die die lokalen Unterschiede berücksichtigt und möglichst viele Akteure mit ins Boot holt.

Mitmachen und Gewässer melden

Dr. Hans-Jürgen Hahn von der Universität Koblenz-Landau widmet sich dem Trockenfallen der Gewässer in Deutschland ganz konkret und rief Bürger dazu auf, ihre Beobachtungen zu melden. Das Crowd-Science-Projekt soll eine Datenlücke schließen, denn aktuell liegen noch keine Studien darüber vor, wann und wo Gewässer in Deutschland mittlerweile trockenfallen.

Beteiligen kann man sich online über:
www.swr.de/home/projekt-wasser-formular-100.html

 

(Quelle: BUND – Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V., Regionalgeschäftsstelle Rhein-Neckar-Odenwald)