Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des EMBL untersuchen Biodiversität und Ökosysteme des Rheins, seiner Nebenflüsse und umliegender Seen in Rheinland-Pfalz. „Mit Hilfe modernster biomolekularer Technologien (Multinomics) möchten wir mit dem EMBL die komplexen Einflüsse verschiedenster Schadstoffe auf die Biodiversität und die Ökosysteme am Rhein erfassen. Unser Ziel ist es, genau zu verstehen, was auf mikrobieller Ebene geschieht, damit wir Schutzmaßnahmen noch gezielter und wissensbasiert anpassen können – eingebettet in einen europäischen Wissenschaftsrahmen. Wir sind zuversichtlich, dabei auch mikrobiellen Aktivitäten zu begegnen, die zum Abbau von Schadstoffen beitragen können“, sagte die rheinland-pfälzische Klimaschutzministerin Katrin Eder in der vergangenen Woche beim Besuch in Worms anlässlich einer Zeremonie zur Übergabe des Zuwendungsvertrags. Im Anschluss erfolgten Probenentnahmen direkt vor Ort.

„Wir freuen uns sehr über die direkte Unterstützung durch das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität Rheinland-Pfalz für diese Arbeiten am Rhein“, sagte Prof. Peer Bork, Interim Generaldirektor des EMBL und wissenschaftlicher Direktor der Traversing Ecosystems (TREC)-Initiative. „Wie schon bei unserer europäischen Küstenexpedition steht auch hier die enge Zusammenarbeit mit unseren Partnern im Zentrum unserer Bemühungen, Biodiversität und Ökosysteme auf molekularer und zellulärer Ebene zu verstehen.“

Fokus liegt auf den Mikrobiomen in Gewässern und dem diese umgebenden Erdreich

Der Fokus des Projekts liegt auf den Mikrobiomen in Gewässern und dem diese umgebenden Erdreich in Gegenden mit unterschiedlich hoher Belastung durch menschliche Aktivitäten. Der Rhein ist einer der längsten Flüsse Europas und fließt durch sechs zentraleuropäische Länder, bevor er in die Nordsee mündet. Entlang seines Verlaufs beherbergt er eine enorme, meist unsichtbare Vielfalt an mikrobiellen Lebensgemeinschaften.

Organismen und Lebensgemeinschaften sind Teil komplexer Netzwerke aus biologischen Wechselwirkungen und Umweltfaktoren. Ein umfassendes Verständnis dieser komplexen Verflechtungen zwischen Mikroben, größeren Organismen und geochemischen Prozessen ist entscheidend, um ökologische Zusammenhänge zu verstehen. Das Projekt steht exemplarisch für die Vision des EMBL, das Leben im Kontext zu verstehen – durch molekulare Ansätze und internationale Zusammenarbeit und ist Teil der gesamteuropäischen TREC-Initiative.

Die Pilotstudie untersucht daher die mikrobielle Biodiversität sowie die Auswirkungen von Umweltveränderungen – etwa durch Verschmutzung – auf mikrobielle Ökosysteme. Forschende des EMBL analysieren Boden-, Sediment- und Wasserproben, um das Metagenom – also das gesamte genetische Material aller Organismen in einer Umweltprobe – zu entschlüsseln und das Vorkommen von Antibiotikaresistenzgenen zu bestimmen. So kann erfasst werden, welche Arten vorkommen, in welcher Häufigkeit, und wie sich Resistenzen zwischen verschiedenen Ökosystemen verbreiten.

Darüber hinaus werden Schadstoffe identifiziert

Darüber hinaus werden Schadstoffe wie Pestizide, synthetische Hormone, Arzneimittelrückstände, Mikroplastik und sogenannte „Forever Chemicals“ (PFAS) identifiziert, um ihre Auswirkungen auf Biodiversität und Ökosysteme zu kartieren. Die Untersuchungen tragen auch zur Bewertung mikrobieller Aktivitäten bei, die potenziell zum Abbau solcher Substanzen beitragen können. In Rheinland-Pfalz wird das interdisziplinäre Expeditionsteam an insgesamt sieben Standorten Proben entnehmen. Mithilfe modernster Technologien können die Forschenden das mikrobielle Leben – die Grundlage vieler ökologischer Prozesse – mit bisher unerreichter Präzision untersuchen. Um langfristige Veränderungen in der Wasser- und Bodenqualität zu erkennen, werden systematische Zeitreihen eingerichtet. Diese ermöglichen die frühzeitige Erkennung schleichender ökologischer Veränderungen und die Entwicklung gezielter Gegenmaßnahmen.

Professor Bork ergänzte: „Wir möchten neueste Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung rasch in praxisrelevante Anwendungen überführen. Das EMBL liefert datenbasierte Erkenntnisse zu zentralen Umweltaspekten wie Verschmutzung und antimikrobieller Resistenz, die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern helfen können, wissenschaftlich fundierte Maßnahmen zu ergreifen. Mit dieser Pilotstudie legt das EMBL den Grundstein für zukünftige europaweite Expeditionen zu Süßwasserökosystemen – Forschung mit hoher gesellschaftlicher Relevanz.“

Die Erweiterung der EMBL-Expeditionsforschung auf Süßwasserökosysteme wird von der Klaus Tschira-Stiftung unterstützt. Das Pilotprojekt in Rheinland-Pfalz wird durch das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität Rheinland-Pfalz im Rahmen des Projekts „Nutzung von Mikroben für den Umweltschutz und für die Zukunftsfähigkeit des Lebens im Rheingebiet von Rheinland-Pfalz“ gefördert. „Von der Artenvielfalt bis zur Trinkwassergewinnung – das Leben spielt sich am Fluss ab und so profitieren alle von einem gesunden Ökosystem Rhein“, schloss Eder.

 

(Quelle: Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität, Rheinland-Pfalz)