„Weißer Rauch ist aufgestiegen“: So fasst Landaus OB Thomas Hirsch die Ergebnisse mehrerer Diskussionsrunden mit der Ortsvorsteherin und den Ortsvorstehern sowie den Ortsbeiräten von Arzheim, Godramstein, Mörzheim und Wollmesheim zur zukünftigen Ausgestaltung der Neubaugebiete in den vier Stadtdörfern zusammen. Gemeinsam hat man sich auf einen Weg für eine klimagerechte, wassersensible und zukunftsfähige Bebauung geeinigt – einen der Schwerpunkte bilden dabei begrünte Schrägdächer.
„Aber die individuellen Vorstellungen der Bauwilligen können gewahrt werden“, erläutert der OB gemeinsam mit Ortsvorsteherin Dorothea Müller (Mörzheim) sowie den Ortsvorstehern Klaus Kißel (Arzheim), Michael Schreiner (Godramstein) und Rolf Kost (Wollmesheim). Über die Ortsvorsteherin und die Ortsvorsteher sowie die Ortsbeiräte flossen auch die Vorstellungen der Bauwilligen in die neue Lösung für die Ausgestaltung der Neubaugebiete mit ein.
Zum Hintergrund: Wasserrechtliche Vorgaben, Klimaschutz, Klimaanpassung und zunehmende Starkregenereignisse erfordern es, Neubaugebiete, deren Versiegelung und deren Umgang mit dem Regenwasser neu zu denken. Regenwasserabfluss, Regenwasserversickerung und die Verdunstung spielen heute eine viel größere Rolle als in der Vergangenheit. Aus diesem Grund hatte die Verwaltung sogenannte Retentions-Flachdächer ins Spiel gebracht, begrünte Dächer mit einer geringen Dachneigung. Mit ihnen erreicht man auch bei Starkregen einen gedrosselten Wasserabfluss sowie weniger Überschwemmungen und reduziert die Hitzeentwicklung im Wohnumfeld. Die Dörfer und ihre Ortsbeiräte meldeten der Verwaltung jedoch den deutlichen Wunsch nach Schrägdächern und mehr Individualität beim Bauen zurück.
„Wir sind deshalb in den vergangenen Monaten mit den gewählten Vertreterinnen und Vertretern der betroffenen Stadtdörfer in einen intensiven Dialog getreten, um Alternativen zu diskutieren“, berichtet OB Hirsch. „Im Ergebnis wurde eine Leitlinie erstellt, die ausgehend von den örtlichen Bodenverhältnissen die wesentlichen Forderungen der Ortsteile berücksichtigt, jeweils auf die örtlichen Gegebenheiten eingeht und dennoch eine klimaangepasste Siedlungsentwicklung sichert.“
Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
- Das begrünte Schrägdach wird die prägende Dachform, Flachdächer werden die Ausnahme bleiben.
- Abweichungen von begrünten Schrägdächern sind in den meisten Bereichen möglich, wenn Zisternenlösungen für die Gartenbewässerung oder Solarnutzungen auf den Dächern nachgewiesen werden.
- Die Flexibilität der Planung und die Individualität des Bauens ist gewährleistet, indem die Bauwilligen zwischen Bauplätzen auswählen können, die unterschiedliche Dachlösungen erlauben.
- Jeder Bebauungsplan wird mit unterschiedlichen Festsetzungen eine städtebauliche Grundordnung (z.B. Gebäudehöhe, -stellung, -fläche) sichern, die auf die jeweilige Ortstypik reagiert, aber den Bauwilligen dennoch individuelle Gestaltungsspielräume lässt.
Die Umsetzung erfolgt nach drei Grundsätzen:
Grundsatz 1: Zonierung
Die Baugebiete werden in eine Zone A – Ortsrand und eine Zone B – Innere Flächen untergliedert. In Zone A, die mindestens ein Teilgebiet von jeweils ca. einem Drittel der Neubaugebiete umfasst, ist das begrünte Satteldach die Vorgabe. Sofern, wie etwa im Bereich Nord in Godramstein, die Böden für eine Versickerung geeignet sind, sind auch Satteldächer mit Ziegeldeckung möglich. Diese sind dann aber für die Solarenergienutzung vorzusehen. Die übrigen Bauflächen in Zone B sollen den Bedürfnissen der Stadtdörfer entsprechend individuelle Dachlandschaften aufweisen können. Dabei sollen Grundvorgaben zu Gebäudehöhen, Dachneigungen, Baustoffen und Begrünungen jedoch für ein ausgewogenes Gesamtbild sorgen.
Grundsatz 2: Bonusmöglichkeiten und Ersatzleistungen
Je nach gewählter Dacheindeckung kann es einen Bonus oder muss es eine Ersatzleistung als Klimabeitrag geben. Als Bonus kann bei Herstellung eines begrünten Retentions-Flachdachs mehr Fläche des Baugrundstücks überbaut werden. Wird kein Gründach hergestellt, sondern ein konventionelles Ziegeldach, ist zur Mindestkompensation der dann fehlenden Wasserverdunstungsfläche eine Regenwasserzisterne einzubauen, dauerhaft zu erhalten und zur Gartenbewässerung zu benutzen.
Grundsatz 3: Extensive Dachbegrünung auf Nebenanlagen und Wasserdurchlässigkeit befestigter Hofflächen
Als dritter Grundsatz sollen Mindestfestsetzungen in die Bebauungspläne aufgenommen werden, die für alle untergeordneten Nebenanlagen wie Gartenschuppen oder Mülleinhausungen sowie Garagen und überdachte Stellplätze eine mindestens extensive Dachbegrünung vorgeben. Auch sind Zufahrten, Zuwegungen und Terrassen mit wasserdurchlässigen und/oder begrünbaren Bodenbelägen herzustellen, Schottergärten nicht zulässig, Vorgärten zu begrünen und die Grundstücke in einem definierten Umfang mit heimischen und standortgerechten Gehölzen zu bepflanzen.
Aus den Stadtdörfern kommen positive Rückmeldungen zu den neuen Planungen:
„In Mörzheim begrüßen wir besonders die Möglichkeit der individuellen Gestaltung der Dachlandschaften bei gleichzeitiger Einbindung in eine Grundordnung. Auch wurden die Anregungen zur Zisternennutzung aus den Stadtdörfern sehr gut umgesetzt.“ (Ortsvorsteherin Dorothea Müller)
„In Godramstein sind wir erfreut, dass die unterschiedlichen Bodenverhältnisse umfangreich Berücksichtigung finden konnten und sich somit ein gut durchmischtes Baugebiet ergeben kann.“ (Ortsvorsteher Michael Schreiner)
„In Arzheim sehen wir besonders die Ausbildung eines Ortsrands im Norden und im Süden positiv, was die besondere Lage des Gebiets beachtet. In der inneren Zone ist ausreichend Raum für die gewünschte individuelle Gestaltung und eine dem Dorf angepasste Bauweise.“ (Ortsvorsteher Klaus Kißel)
„In Wollmesheim sind wir zufrieden mit der Ausbildung des Ortsrands auf der südlichen Baufläche: Schrägdächer passend zur vorhandenen Altbebauung und Gründächer, die sich gut an das vorhandene Weingut mit begrüntem Dach anschließen. Auf der nördlichen Baufläche ist etwas mehr Raum für eine gewünschte individuelle Gestaltung möglich.“ (Ortsvorsteher Rolf Kost)
Entwicklung der Neubaugebiete kann nun weiter betrieben werden
Nach Einigung über die Grundsätze kann die Entwicklung der Neubaugebiete nun weiter betrieben werden: In Mörzheim und Godramstein soll im 1. Halbjahr 2021 der Bebauungsplan rechtskräftig werden. Die vorgesehene Bürgerbeteiligung wird im Frühjahr erfolgen. Parallel werden die Erschließungsplanung und die Entwicklung der Vermarktungsstrategie erarbeitet. Ende 2021 ist die Ausschreibung der Baugrundstücke vorgesehen und auch der Bau der Erschließungsstraßen soll begonnen sein. Der Baubeginn für die privaten Bauwilligen kann dann im 2. Halbjahr 2022 erfolgen. Arzheim und Wollmesheim sollen schnellstmöglich folgen.
(Quelle: Stadt Landau in der Pfalz)