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Einer der Modellfriedhöfe des Projekts ist der Friedhof Heidelberg-Handschuhsheim. Foto: Melanie Marquardt / BUND BW

In seinem Projekt „Insektenfreundlicher Friedhof“ wertet der BUND Freiflächen zum Schutz von Wildbienen und Schmetterlingen mit Unterstützung der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg auf. Vier Friedhöfe im Land wurden als Modellfriedhöfe ausgewählt.

„Ein gewaltiges Artensterben ist im Gange. Besonders betroffen sind dabei Insekten. Heute gibt es 75 Prozent weniger Fluginsekten als noch vor 30 Jahren. Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Auch in ländlichen Gebieten wird es eng“, sagt Sylvia Pilarsky-Grosch, Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) in Baden-Württemberg. Die Gründe für den derzeitigen Artenrückgang: intensive Monokulturen und Pestizideinsatz, aber auch Flächenverbrauch für Siedlungen, Gewerbegebiete und Straßen. Tatsächlich zeigen Studien, dass in Städten mittlerweile mehr Insekten vorkommen als auf dem Land mit intensiver Landwirtschaft.

Umso wichtiger werden daher Grünflächen im urbanen Raum. „Parks, Gärten und insbesondere auch Friedhöfe können zu wahren Naturoasen inmitten der Städte werden. Vorausgesetzt, wir legen sie naturnah und strukturreich an“, so die BUND-Landeschefin. „Viele Insekten sind auf artenreiche Wiesen mit heimischen Pflanzen und Kräutern angewiesen. Wenn wir ein reichhaltiges Nahrungsangebot mit Nistmöglichkeiten kombinieren, wie Alt- und Totholz, abgestorbenen Stängeln oder Steinhaufen, bekommen wir attraktive Lebensräume – und das mitten in unseren Dörfern und Städten.“

BUND-Projekt „Insektenfreundlicher Friedhof“

In seinem Projekt wertet der BUND mit Unterstützung der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg verfügbare Flächen auf Friedhöfen für Wildbienen und Schmetterlinge auf. „Das Projekt ‚Insektenfreundlicher Friedhof‘ hat es sich zum Ziel gesetzt, auf vier Modellfriedhöfen durch naturnahe Grünflächen die Artenvielfalt zu fördern“, so Melanie Marquardt, Projekt-Koordinatorin. „Nachdem wir die vorkommenden Arten erfasst haben, konzipieren wir Maßnahmen zum Biotop- und Artenschutz und setzen sie auf den Freiflächen um.“ Der Fokus liegt vor allem auf Wildbienen wie Hummeln, Sand- und Mauerbienen und Schmetterlingen wie Tagpfauenauge, Schwalbenschwanz oder Kleiner Fuchs. Gefördert aus Erträgen der Glücksspirale unterstützt die Stiftung das Projekt mit 145.000 Euro. Der Eigenanteil des BUND beträgt knapp 98.000 Euro.

Teilnehmende Friedhöfe stehen fest

Vier kommunale Friedhöfe, einer pro Regierungsbezirk, beteiligen sich an dem dreijährigen Projekt. Mit dabei: Hauptfriedhof in Stuttgart, Friedhof Handschuhsheim in Heidelberg, Stadtfriedhof in Biberach an der Riß und Waldfriedhof in Singen (Hohentwiel). Die Friedhöfe wurden vom BUND ausgewählt, weil sie über viele Freiflächen verfügen und so auch langfristig das Potenzial für eine ökologische Aufwertung haben und am Projekt aktive BUND-Ortsgruppen mitwirken können. Dadurch können die Kommunen entscheidend zum Erhalt und Förderung der Artenvielfalt beitragen.

„Aus den Ergebnissen erarbeiten wir Pflegekonzepte und -pläne, die Städten, Gemeinden, Kommunen oder anderen Friedhofsträgern sowie den Friedhofsgärtnerinnen und -gärtnern und Gärtnereien als Blaupause dienen sollen“, so Marquardt.

Warum ausgerechnet Friedhöfe?

Friedhöfe bieten eine besondere Chance für den Arten- und Biotopschutz. Denn mit oftmals altem Baumbestand, artenreichen Blumenwiesen, Stauden und Gehölzen sind sie ökologisch besonders wertvoll. Sie bieten vielen verschiedenen Tieren Nahrungs- und Brutmöglichkeiten und Rückzugsorte. So findet man schon jetzt eine hohe Artenvielfalt auf Friedhöfen vor. Auch sind Friedhöfe kaum Veränderungen unterworfen. Sie werden selten überbaut oder umgestaltet und so können sich Pflanzen und Tiere über lange Zeit anpassen und entwickeln.

Die Nachfrage nach alternativen und flächensparenderen Beisetzungsarten wie der Urnen-Bestattungen steigt; viele Friedhofsflächen bleiben in Folge frei. „Das ökologische Potenzial von Friedhöfen ist hoch, es bleibt aber oft ungenutzt. Häufig blühen auf den Gräbern Zierpflanzen und diese bieten Insekten nur selten Nahrung. Gepflegte Rasenflächen sind ebenfalls wertlos für die Tiere“, beschreibt die Projekt-Koordinatorin. „Ein weiteres Ziel des Projekts: Wir möchten naturnahe Grabanlage und -pflege mit den ästhetischen Ansprüchen der Besucherinnen und Besucher verbinden.“

Mögliche Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung von Freiflächen auf Friedhöfen:

  • Artenreiche und heimische Wildblumenwiesen anlegen, die Wildbienen und Schmetterlingen das ganze Jahr über Nahrung bieten.
  • Die Pflege der Grünflächen insektenfreundlich anpassen durch schonende Mahdzeitpunkte und schonendem Mähgerät.
  • Heimische Wildstauden auf vier Mustergräbern anpflanzen, um den Angehörigen, den Friedhofs-Gärtnern und Besuchern zu zeigen, wie insektenfreundliche Grabfelder ohne Zierpflanzen aussehen können.
  • Insekten- und vogelfreundliche Heckenstrukturen mit heimischen Gehölzen anlegen, um diesen Tieren Nahrung- und Brutmöglichkeiten zu bieten. Oder auch Mauern und Gebäude begrünen, Nisthilfen für Vögel, Fledermäuse oder Gartenschläfer anbringen oder Streuobstwiesen anlegen.
  • Brachen und Rasenflächen mithilfe von heimischen Blühpflanzen in Kombination mit geeigneten Lebensraum-Strukturen (Sandarien, Tot- oder Morschholz und Steinhaufen) in wildbienen- und schmetterlingsfreundliche Lebensräume verwandeln.

 

(Quelle: BUND Landesverband Baden-Württemberg e.V.)