Insektennahrung für Menschen und Tiere wird derzeit als alternative Proteinquelle diskutiert. Tierschutzaspekte rücken dabei in den Hintergrund – darauf weist der Deutsche Tierschutzbund hin und rät von der „entomophagen Ernährungsweise“ ab.
„Auch, wenn die menschliche Empathie Insekten gegenüber geringer sein mag als bei Wirbeltieren: Es gibt keinen Grund, am Schmerzempfinden der Insekten zu zweifeln. Vor allem im Wirkbereich des Menschen müssen sie daher vor Willkür und unnötigen, schmerzhaften Handlungen bewahrt werden“, betont Nina Brakebusch, Fachreferentin für interdisziplinäre Themen beim Deutschen Tierschutzbund.
Laut Tierschutzgesetz müssen Tiere in menschlicher Obhut angemessen ernährt und untergebracht werden; Schmerzen, Leiden und Schäden sind zu vermeiden. In modernen industriellen Haltungen lassen sich Verletzungen, Quetschungen und Amputationen beim Umlagern und Aussieben bei der schieren Anzahl der Insekten jedoch nicht vermeiden. Kannibalismus ist häufig. Eine artgerechte Haltung von Mehlwürmern, Grillen und Co. als „Nutztiere“ sei daher unmöglich, so der Tierschutzbund.
Gesetzliche Verordnungen zur Haltung und tierschutzkonformen Tötung fehlen für Speiseinsekten bislang völlig. Über die arteigenen Bedürfnisse und Ansprüche der einzelnen Arten ist ohnehin zu wenig bekannt. Studien beschäftigen sich fast ausschließlich mit der Erhebung jener Parameter, unter denen die Tiere am schnellsten an Masse zulegen. „Die Tiere werden dabei als bloße Produktionseinheiten und nicht als fühlende Lebewesen wahrgenommen“, so Brakebusch. Auch fehlende veterinärmedizinische Forschung führe zu Tierleid und gesundheitlichen Risiken für Mensch und Tier.
Neuzulassung mit Tierversuchen verbunden
Vielfach unbekannt ist die Tatsache, dass die Neuzulassung von Insektenprodukten zum menschlichen Verzehr EU-weit über die Novel-Foods-Verordnung mit Tierversuchen verbunden ist: Ratten oder Schweine bekommen Insekten über Monate als Nahrungsbrei eingeflößt. Am Ende werden sie getötet und ihre Organe untersucht, obwohl Fütterungsversuche an Tieren keine verlässliche Aussage zur Verträglichkeit beim Menschen machen können. Eine weitere Forcierung von Insektenprodukten in der EU ist laut Tierschutzbund daher abzulehnen – zumal dafür in Europa keine Notwendigkeit besteht.
Gute Ökobilanz ist fraglich
Obwohl Insekten weniger Ressourcen, wie Wasser oder Fläche, als andere sogenannte Nutztiere benötigen, entsprechen die veröffentlichen bemerkenswerten Zahlen zur Ökobilanz unter Einbezug aller Variablen häufig nicht der Realität. Die Aufzucht ist energieintensiv: Die Insekten müssen je nach Art und Entwicklungsstadium gewärmt oder gekühlt werden, brauchen viel Licht, eine hohe Luftfeuchtigkeit und Schadgase müssen abgeführt werden. Auch die Tötung und Verarbeitung durch Kälte oder Hitze und die Trocknung und Vermehlung kosten Energie.
Hinzu kommt: Auch Insekten müssen ernährt werden, wobei häufig auf Getreide zurückgegriffen wird, das ebenso direkt der menschlichen Ernährung zu Gute kommen könnte. Eine pflanzliche Ernährungsweise der Menschen und die gleichzeitige Reduktion der Tierzahlen in der Landwirtschaft bleiben daher weiter die klimafreundlichsten Ansätze.
(Quelle: Deutscher Tierschutzbund e.V.)